Pflicht- und Anstandsschenkungen

Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen nicht der Rückforderung und dem Widerruf.

Die so genannten Anstandsschenkungen sind von der Pflichtteilsergänzung ausgenommen sind. Bei Pflicht- und Anstandsschenkungen handelt es sich nicht um zu missbilligende Schenkungen, weil es im konkreten Fall einen Ansehensverlust des Erblassers oder eine grobe Unbilligkeit gegenüber dem Beschenkten bedeuten würde, wenn der Erblasser diese Schenkung nicht vornähme. aus Sicht der Pflichtteilsberechtigten Danach finden die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

Bei Schenkungen des Erblassers, die über den Pflichtteilsergänzungsanspruch nachträglich ausgeglichen werden, ist zu beachten, dass nicht schlichtweg alle Schenkungen hierunter fallen.  Zum einen ist es gar nicht möglich, jedes Sachgeschenk (z. B. Pralinen, Wein, Bücher etc.), das der Erblasser einem Bekannten oder Verwandten zum Geburtstag geschenkt hat, über einen Zeitraum von 10 Jahren zu erfassen. Zum anderen soll der Erbe Schenkungen vornehmen dürfen, die den gesellschaftlichen Gepflogenheiten entsprechen. Maßgebend ist unter anderem die örtliche oder gesellschaftliche Verkehrssitte. Anstandsschenkungen sind kleinere Gelegenheitsgeschenke zum Geburtstag, Weihnachten, zum Hochzeitstag oder zu einem Jubiläum etc.

De Weiteren werden sogenannte Pflichtschenkungen dem  Pflichtteilsergänzungsanspruch entzogen. Diese können gegebenenfalls auch einen höheren Wert haben, wie zum Beispiel die Übereignung des hälftigen Familienwohnhauses an die vermögenslose Ehefrau nach langjähriger unbezahlter Mitarbeit im Geschäft.   Dabei ist entscheidend, ob der Erblasser moralisch so stark zu der Schenkung verpflichtet war, dass er praktisch gar nicht anders konnte, als die Schenkung vorzunehmen. Das bedeutet, dass die Pflichtschenkung sittlich geboten sein muss, so dass ihr Unterbleiben dem Erblasser als Verletzung einer sittlichen Pflicht angelastet würde. Dabei ist jeder Einzelfall gesondert zu betrachten und bedarf der Interessenabwägung.

Die Frage, ob eine Pflicht- oder Anstandsschenkung vorliegt, beurteilt sich nach den objektiven Umständen.  Maßgeblich sind neben den persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten, ihre Lebensstellung, die individuellen Vermögens- und Lebensverhältnisse und gegebenenfalls  der Wert und die Bedeutung der  zu belohnenden Leistungen des Beschenkten.

Stellt sich heraus, dass die Pflichtschenkung zwar dem Grunde nach gerechtfertigt war, aber dem Umfang nach das gebotene Maß überschritten hat, ist lediglich der Mehrbetrag bei der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen. Pflichtschenkungen werden z.B. angenommen bei  mehrjähriger unentgeltlicher Mitarbeit im Haushalt und Geschäft der Eltern sowie jahrzehntelanger Versorgung und Pflege des Erblassers.

Der Pflichtteilsergänzungsberechtigte muss zuerst beweisen, dass überhaupt eine Schenkung vorliegt. Gelingt dieser Beweis, trägt der Beschenkte die Beweislast dafür, dass es sich bei der Zuwendung um eine Pflicht- oder Anstandsschenkung handelt.

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Nottestament

Für die Feststellung einer nahen Todesgefahr i. S. v. § 2250 Abs. 2 BGB ist maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Erblasser zur Errichtung eines Testaments entschließt. Unschädlich ist, dass ihm bereits zuvor ein hinreichender Zeitraum zur Verfügung stand, um einen Notar für eine Testamentsrichtung hinzuziehen. Für die objektive Feststellung einer nahen Todesgefahr i. S. v. § 2250 Abs. 2 BGB reicht es nicht aus, dass der Erblasser an einer bösartigen metastasierenden Grunderkrankung litt, aufgrund derer er nach der Bewertung des als Zeugen tätigen behandelnden Arztes innerhalb von ein bis zwei Tagen versterben konnte.

Merke: Für die Wirksamkeit des Nottestaments kommt es nicht darauf an, ob ein Erblasser bereits Tage zuvor das Verfahren zur Errichtung eines Nottestaments vor drei Zeugen in Gang gesetzt hat, obschon er in dieser Zeit ohne Weiteres einen Notar hätte hinzuziehen können. Der Erblasser ist – mit dem Risiko, dass eine weitere Verzögerung eine letztwillige Verfügung vereitelt – befugt, mit der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung beliebig lange zuzuwarten. Er ist nicht gehalten, sich zu einer rechtzeitigen Testierung zu entschließen, um die Errichtung eines Testamentes vor einem Notar oder eines Nottestamentes vor einem Bürgermeister zu ermöglichen. Vielmehr stehen einem Erblasser zu jeder Zeit sämtliche Möglichkeiten zur Errichtung eines formwirksamen Testamentes, die das Gesetz bereithält, zur Verfügung, vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 10.2.2017 – 15 W 587/ 15.

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Stiefkinder und Erbrecht

Stiefkinder haben nach ihren Stiefeltern kein gesetzliches Erbrecht.  Stiefkinder können nach dem Tod eines Stiefelternteils daher keinen Pflichtteil fordern.   Stiefeltern können jedoch selbstverständlich ihre Stiefkinder im (gemeinschaftlichen) Testament bedenken.

Stiefeltern sind der nicht leibliche Vater bzw. die nicht leibliche Mutter. Bringt ein Vater oder eine Mutter ein leibliches Kind mit in eine neue Ehe, dann wird der neue Partner Stiefvater bzw. Stiefmutter des Kindes. Diese Konstellation ist immer Häufiger anzutreffen.

Versterben der Stiefvater oder die Stiefmutter haben Stiefkinder haben nach ihren Stiefeltern kein gesetzliches Erbrecht.

Wenngleich häufig die Beziehungen zwischen Stiefkindern und dem jeweiligen Stiefelternteil meist genauso eng sind, wie zwischen leiblichen Kindern und ihren Eltern. Nach § 1589 BGB sind nach dem Gesetz nur solche Personen miteinander verwandt, die voneinander abstammen.

Stiefvater und Stiefmutter können selbstverständlich Stiefkinder in einem Testament oder Erbvertrag bedenken.

Anders verhält es sich bei der Adoption eines Stiefkindes.

Wollen Stiefeltern ihre erbrechtliche Beziehung zu ihrem Stiefkind auch in steuerrechtlicher Hinsicht optimieren dann bietet sich die Adoption des Stiefkindes durch den Elternteil an, mit dem das Stiefkind nicht leiblich verwandt ist.

Wird ein minderjähriges Kind adoptiert, dann erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes. Ein minderjähriges adoptiertes Kind hat das gleiche Erbrecht wie ein Kind, das von dem annehmenden Elternteil abstammt.

Gleichzeitig erlöschen allerdings mit der Adoption eines minderjährigen Kindes und seiner Abkömmlinge grundsätzlich dessen Verwandtschaftsverhältnisse zu seinen zu den bisherigen Verwandten. Nach erfolgter Adoption eines minderjährigen Kindes kann das Kind also grundsätzlich kein gesetzliches Erbrecht nach seinen biologischen Verwandten mehr geltend machen. Dies ist aufgrund gesetzlicher Änderungen auch vom Alter des adoptierten Kindes abhängig.

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Testamentsauslegung bei Erbeinsetzung: Maßgeblicher Zuwendungsempfänger nach Übertragung der Sanierung

Beruft ein Erblasser in einem notariellen Testament einen eingetragenen Verein, der ein Tierheim betreibt, zum Alleinerben ohne bereits für den Fall des Erlöschens des Vereins einen Ersatzerben zu bestimmen und überträgt nach Insolvenz des Vereins der Insolvenzverwalter zur Fortführung des Geschäftsbetriebs im Wege der übertragenden Sanierung deren sämtliche Aktiva und Arbeitsverhältnisse auf einen Dritten, der unter derselben Adresse das Tierheim weiterbetriebt, kann die ergänzende Auslegung des Testaments ergeben, dass nunmehr der neue Träger der zu fördernden Aufgabe als Zuwendungsempfänger anzusehen ist. Hinweis: Mit Zuwendungen an juristische Personen will ein Erblasser regelmäßig nicht die juristische Person um ihrer selbst willen, sondern vielmehr allein den Zweck fördern, dem die juristische Person dient; vgl. Leipold, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 2071 Rn 8). Nimmt eine andere juristische Person/ ein anderer Trägerverein die Aufgaben der ursprünglich bedachten, aber nicht mehr bestehende, juristischen Person wahr, entspricht es regelmäßig dem Erblasserwillen, dass dann letztere Zuwendungsempfängerin sein soll; vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.1.2017 – I-3 Wx 257/ 16.

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Nacherbenvermerk im Grundbuch: Wirkung des Verzichts des Nacherben im Grundbuch

Die Bewilligung der Löschung und der Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks sind zulässig und als Verzicht des Nacherben auf den Schutz des Nacherbenvermerks im Grundbuch zu verstehen, lassen aber die Zugehörigkeit des Nachlassgegenstands zur Vorerbschaft unberührt.

Das Abhilfeverfahren wies im konkreten Fall schwere Mängel auf, so dass das Beschwerdegericht, unter Aufhebung der getroffenen Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung, die Sache an das Erstgericht zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben kann.

Wird eine Entscheidung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – angefochten, so hat dieses dann über die Abhilfe zu entscheiden (§ 75 GBO). Die Vorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass, wenn das Amtsgericht die Beschwerde für begründet erachtet, förmlich, d. h. durch zu begründenden Beschluss, zu entscheiden ist. Auch die Nichtabhilfe ist eine Sachentscheidung und als solche regelmäßig in Beschlussform zu treffen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben, vgl. OLG München, Beschl. v. 3.2.2017 – 34 Wx 470/ 16.

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Unauffindbarkeit eines Testaments

Allein wegen seiner Unauffindbarkeit ist ein nicht mehr vorhandenes Testament nicht ungültig. Auch besteht keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gem. § 2255 BGB als widerrufen anzusehen ist (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 12.8.2013, 3 Wx 27/ 13). Derjenige, der sich auf ein unauffindbares Testament beruft, muss die formgültige Errichtung und den Testamentsinhalt beweisen und trägt im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins insoweit die Feststellungslast. Kann mit einer Kopie die formgerechte Errichtung des Originaltestaments nachgewiesen werden, kann sie als Nachweis ausreichen; vgl. OLG Köln, Beschl. v. 2.12.2016 – 2 Wx 550/ 16.

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Gegenstandswert im Erbscheinsverfahren

Bei der Ermittlung des Gegenstandswertes und der gerichtlichen Kosten des im Erbscheinverfahrens nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG maßgeblichen Nachlasswertes ist auf den objektiven Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles abzüglich der vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten abzustellen. Dieser Wert ist von Amts wegen zu ermitteln. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind die Gerichte zwar von Amts wegen gehalten, die relevanten Tatsachen zu ermitteln. Jedoch kann das Gericht von weiteren Ermittlungen absehen, wenn ein Beteiligter bei der Sachverhaltsaufklärung nicht mitwirkt oder auch sonst kein Anlass zu weiteren erfolgversprechenden Ermittlungen des Nachlasswertes besteht. Daher verletzt das Gericht die ihm obliegende Aufklärungspflicht nicht, wenn es davon ausgeht, dass die Beteiligten ihnen vorteilhafte Umstände von sich aus vorbringen, und wenn es annehmen darf, dass die Beteiligten sich dieser Umstände auch bewusst sind; vgl. (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2017 – I-25 Wx 78/ 16).

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