Testamentsauslegung hier Anforderungen an eine ergänzende Auslegung

Eine ergänzende Testamentsauslegung gemäß dem Rechtsgedanken des § 2069 BGB erfordert – über die einem Abkömmling i. S. d. § 2069 BGB vergleichbare Stellung hinaus – zusätzlich, dass sich aus sonstigen letztwilligen Bestimmungen oder auch aus außerhalb des Testaments liegenden Umständen ergibt, dass die Zuwendung den Bedachten als Ersten ihres jeweiligen Stammes und nicht nur ihr persönlich gegolten hat. Ein starkes Indiz dafür, dass weniger die Personen als solche als vielmehr die jeweiligen Stämme bedacht werden sollten, kann darin liegen, wenn die Verwandten – wie bei der gesetzlichen Erbfolge – gleichmäßig bedacht werden, der Erblasser sich also mehr vom formalen Kriterium der Gleichbehandlung leiten lässt, als davon, zu wem er ein gutes oder weniger gutes Verhältnis hat. Maßgebend für die Feststellung dieser Willensrichtung ist allein der Zeitpunkt der Testamentserrichtung; vgl. OLG München, Beschl. v. 11.6.2018 – 31 Wx 294/ 16.

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Zur Wirksamkeit eines „Notizzetteltestaments“

Auch ein auf einem kleinen Notizzettel  errichtetes Testament kann wirksam sein. Bei einem handschriftlichen Schriftstück, das nicht dem üblichen Erscheinungsbild eines Testaments entspricht, ist nur von einem wirksamen Testament auszugehen, wenn der Testierwille des Erblassers zweifelsfrei aus dem Schriftstück hervorgeht. Verbleiben Restzweifel, so ist die Vorschrift des § 2084 BGB nicht anzuwenden.

Der nicht datierte handschriftlich beschriebene stellt kein gültiges ordentliches Testament im Sinne der §§ 2231 Nr.2 2247 BGB dar. Dabei kann dahinstehen, ob der handschriftliche Text eigenhändig von der Erblasserin geschrieben und unterschrieben worden ist, denn er erfüllt – auch wenn dies so wäre – nicht den Voraussetzungen eines gültigen eigenhändigen Testaments. Er ist nicht datiert und die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung lassen sich auch nicht anderweitig treffen; es steht nicht außer Zweifel, dass die Erblasserin beim Abfassen des auf dem Zettel  stehenden Textes mit Testierwillen gehandelt hat; zudem wäre eine etwaige in dem Zettel liegende letztwillige Verfügung wegen Unbestimmtheit nichtig.

Das gegebenenfalls in dem handschriftlich beschriebenen Zettel liegende Testament ist nicht gültig, da es nicht datiert ist und sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung auch nicht anderweitig treffen lassen, § 2247 Abs. 5 Satz 1 BGB.

(1)Der handschriftlich beschriebene Zettel erfüllt im Grundsatz die zwingenden formellen Erfordernisse des § 2247 BGB; insbesondere kann ein Testament durchaus auch auf einem „Notizzettel“  errichtet werden (OLG Schleswig, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 3Wx 53/15 -, juris, Rn 26). Hier fehlt zwar eine Ortsangabe, insoweit bestimmt § 2247 Abs. 2 BGB aber nur, dass der Erblasser in der Erklärung angeben „soll“, an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat. Fehlt die Ortsangabe, führt dies nur dann zur Unwirksamkeit, wenn sich gerade hieraus Zweifel an der Gültigkeit des Testaments ergeben, 3 2247 Abs. 5 Satz 2 BGB. Solche Zweifel – die etwa bei im Ausland errichteten Testamenten diskutiert werden (vgl. die Nachweise bei OLG Schleswig, aaO, Rn 29) – sind hier nicht erkennbar.

(2)Die fehlende Gültigkeit ergibt sich hier aber daraus, dass der Zeitpunkt der Errichtung des gegebenenfalls in dem Zettel liegenden Testaments nicht sicher feststellbar ist und es deshalb möglich ist, dass es zeitlich vor dem gemeinschaftlichen privatschriftlichen Testament errichtet worden ist.

Gemäß § 2247 Abs. 2 BGB soll der Erblasser in der Erklärung angegeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat, Jahr) er sie niedergeschrieben hat. Enthält ein eigenhändig errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament gemäß § 2247 Abs. 5 Satz 1 BGB nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen. Der genaue Errichtungszeitpunkt ist nur dann von Bedeutung, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt Testierfähigkeit des Erblassers nicht nur dann von Bedeutung, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt Testierfähigkeit des Erblassers nicht mehr vorlag oder wenn es beim Vorliegen mehrerer Testamente darauf ankommt, welches das spätere Testament ist (OLG Schleswig, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 3 Wx 53/15 -, juris, Rn 31 f mwN). Letzteres ist hier der Fall. vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 20. März 2019 – 1 W 42/17

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Ausschlagug der Erbschaft durch einen Sozialhilfeberechtigten

Auch ein sozialhilfeberechtigter Erbe ist befugt, als Ausdruck der „negativen Erbfreiheit“ die ihm zugefallene Erbschaft auszuschlagen. Diese Erklärung ist nur dann unwirksam, wenn positiv festzustellen ist, dass durch die Ausschlagung gegen übergeordnete Wertungen verstoßen wird. Der durch die Ausschlagung ermöglichte weitere Bezug öffentlicher Leistungen stellt einen solchen Verstoß nicht dar, weil die Bedürftigkeit durch die Ausschlagug der Erbschaft befristet aufrecht erhalten wird; vgl. LG Neuruppin, Beschluss vom 28. Juni 2017 – 5 T 21/17.

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Pflichtteilsrecht Ehegatte

Dem Ehepartner steht gemäß § 2303 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ein gesetzliches Pflichtteilsrecht nach dem Tod des Ehegatten ebenso zu wie den Abkömmlingen und den Eltern, wenn der Erblasser seinen Ehegatten durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen hat.

Nachdem der Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils besteht, ist zunächst dieser Erbteil zu bestimmen.

Haben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der so genannten Zugewinngemeinschaft gelebt, dann erbt der überlebende Ehegatte neben eigenen Kindern des Erblassers ein Viertel des Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern des Erblassers beträgt die Erbquote die Hälfte. Sind weder eigene Kinder noch Eltern oder Geschwister des Erblassers vorhanden, so erbt der überlebende Ehegatte allein.

Die Pflichtteilsquote beträgt demnach im Fall der Zugewinngemeinschaft für den Ehepartner neben vorhandenen Kindern ⅛, neben Eltern und Geschwistern ¼ und ansonsten ½.

Ist der überlebende Ehepartner vom Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossen worden und erhält der überlebende Ehegatte auch kein Vermächtnis, dann verbleibt es bei seiner oben dargestellten Pflichtteilsquote.

Daneben hat der überlebende Ehepartner das Recht, einen Zugewinnausgleichsanpruch bei den Erben geltend zu machen, soweit zu seinen Gunsten ein solcher Anspruch besteht. Der überlebende Partner kann in diesem Fall hingegen nicht seine Pflichtteilsquote analog zur Erbquote nach § 1371 Abs. 1 BGB pauschal um ein Viertel erhöhen.

Im Falle der Zugewinngemeinschaft verbleibt die Pflichtteilsquote des Ehegatten neben Kindern, Eltern und Geschwistern demnach bei den oben dargestellten Werten.

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Der Minderjährige als Erbe

Auch Minderjährige können Erbe werden. Nach § 1923 BGB kann jeder, der zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt, Erbe sein. Selbst ein so genannter nasciturus, also ein zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht geborener aber bereits gezeugter Mensch, ist nach deutschem Erbrecht erbfähig.

Der Minderjährige bedarf zur Annahme der Erbschaft der vorherigen Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, damit regelmäßig seiner Eltern. Die Annahme der Erbschaft kann stellvertretend für den Minderjährigen durch die gesetzlichen Vertreter erklärt werden.

Wird die Annahme der Erbschaft nicht ausdrücklich erklärt, gilt die Erbschaft bei Minderjährigen nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlagungsfrist (6-Wochen) von Gesetzes wegen als angenommen. Der Minderjährige wird aber durch Vorschriften des Familienrechts geschützt, wenn die angenommene Erbschaft überschuldet sein sollte.

Es besteht die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung des Minderjährigen aus der Erbschaft auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens.

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Betreuerauswahl auch auf Vorschlag des Betroffenen

Gemäß § 1897 Abs. 3 S. 1 BGB ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wunsch ist auch dann beachtlich, wenn der Betroffene nicht geschäftsfähig ist oder ihm die natürliche Einsichtsfähigkeit fehlt. Auch seine Motivation ist insoweit ohne Bedeutung (BGH FamRZ 2018, 947 mit weiteren Nachweisen). Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet.

Der BGH betont in seinem Urteil, dass der Wille des Betroffenen nur dann unberücksichtigt bleiben kann, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwider läuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss daher die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will.

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Erbverzicht

Verwandte des  Erblassers und dessen Ehegatte können durch notariell beurkundeten Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht und damit in der Regel auf ihr Pflichtteilsrecht  verzichten (vgl. §§ 2346–2348 BGB). Dies gilt auch für Testamentserben und Vermächtnisnehmer für die ihnen in einem Testament oder Erbvertrag gemachten Zuwendungen.

Folge des Erbverzichts ist der Ausschluss von der Erbfolge und damit regelmäßig auch vom Pflichtteilsrecht,  so wie wenn der Verzichtende im Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt hätte. Der Verzicht erstreckt sich grundsätzlich auf Abkömmlinge. Der Erbverzicht ist als sogenanntes abstraktes erbrechtliches Verfügungsgeschäft mit der Abfindung des Erben unter Lebenden  verbunden. Im Erbverzicht können beide Parteien Leistung und Gegenleistung dergestalt verbinden, dass der Erbverzicht bei Unwirksamkeit der Abfindung ebenfalls nichtig ist.

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Ausschlagung einer Erbschaft: Inhaltsirrtum

Grundsätzlich handelt es sich bei dem Irrtum über die Person, welcher anstelle des die Erbschaft Ausschlagenden dessen Erbteil zufällt, um einen unbeachtlichen Irrtum über mittelbare Rechtsfolgen der Ausschlagung. Nimmt der Ausschlagende aber irrig an, dass mit der Ausschlagung der eigene Erbteil nur dem aufgrund gesetzlicher Erbfolge mitberufenen Miterben anfallen könne, irrt er bereits über eine unmittelbare Rechtsfolge der Ausschlagung nach § 1953 Abs. 2 BGB, so dass ein erheblicher Rechtsfolgenirrtum vorliegt, welcher zur Anfechtung aus dem Grund des § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB berechtigt. Die Ausschlagung einer Erbschaft kann ebenso wie deren Annahme nur nach den allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen unter Lebenden angefochten werden; vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.5.2017 – 20 W 197/ 16.

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Enterbung; aufschiebend bedingte Enterbung ohne Erbeinsetzung durch Erbvertrag

Grundsätzlich kann in einem Erbvertrag per Pflichtteilsstrafklausel eine aufschiebend bedingte Enterbung geregelt werden. So kann ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerststerbenden nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen; vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.8.2017 – 8 W 336/ 15.

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